Insight

Echte Innovationen – warum einfach nur neu nicht reicht

Keine Innovation ohne neue Idee. Aber: Was nur „neu“ ist, vernachlässigt zwei von drei Phasen, die echte Innovationen meistern müssen. Wir erklären, was der Ideenfindung folgen muss und wie Unternehmerpersönlichkeiten den Innovationsprozess prägen.
Flat Iron Gebäude in New York

Innovativ – kaum ein Attribut führen Unternehmen mit grösserem Stolz. Kein Wunder: Stillstand gilt zurecht als unternehmerischer Tod, und niemand will am Rande stehen und die eigene Zukunft durch reines Verwalten des Status quo gefährden. Innovationstätigkeiten müssen darum ganz klar zum Einmaleins der unternehmerischen Zielbildung gehören. 

Was aber sind Innovationen? Das wird bereits klarer, wenn man betrachtet, was keine ist. So tritt man einem häufigen Irrtum entgegen: Etwas Neues stellt noch lange keine Innovation dar. Zu dieser wird das Neue erst durch Relevanz und Wertevermittlung für Nutzer, die zu Durchsetzungsstärke am Markt führt. Bemerkenswert oft scheitern Unternehmer:innen und Innovationsteams an diesem Schritt, weil sie die Merkmale echter Innovation nicht berücksichtigen.

Der Apple Park (früher: Apple Campus) in Cupertino im Sonnenuntergang

Was macht eine Innovation zur Innovation? 

Dass neu zu sein allein nicht reicht, ist eine Weisheit, die amüsanterweise schon rund 100 Jahre auf dem Buckel hat. Sie begründet sich durch den „Godfather of Innovation“, Joseph Schumpeter. In Anlehnung an ihn zeichnet sich Innovation durch das Absolvieren dreier Phasen aus:   

  • Invention
  • Innovation
  • Diffusion

Phase 1: Invention  

Die grosse Idee wird gesucht, in Konzepten ausgearbeitet und in Prototypen getestet. Es gilt, echte Kunden- und Unternehmensbedürfnisse zu markieren und neue, relevante Lösungen dafür zu finden („problem-solution fit“). Hier wird also nicht nur entwickelt und probiert, sondern vor allem auch gelernt und Gelerntes angewendet. 

Phase 2: Innovation 

Die Invention wird mittels Skalierbarkeit wirtschaftlich verwirklicht. Ein kritischer Schritt: Jetzt muss aus «neu» «erfolgreich» werden – denn erst Erfolg verwandelt die Idee in eine echte Innovation. Sie soll von Nutzern oder Käufern akzeptiert bzw. für relevant erachtet werden und sich so als „solution-market fit“ beweisen.  

Phase 3: Diffusion 

Sie ist die Konsequenz des Vorangegangen: Die Innovation setzt sich durch und verbreitet sich. Dabei bekommen Nachahmer eine Multiplikatoren-Rolle. Animiert vom Erfolg der Innovation «steigen sie ein» und vergrössern damit Relevanz und Reichweite der Innovation. Im Falle sozialer Innovationen kann dadurch sogar sozialer Wandel angestossen werden.    

Eine Innovation ist das Erfinden einer Idee und ihr erstmaliger Erfolg am Markt

Auf den Punkt: Eine Innovation ist in diesem Sinne das (Er-)Finden einer Idee in Verbindung mit der erstmaligen und erfolgreichen Durchführung dieser Neuerung. Schumpeter nennt das “the doing of new things or the doing of things that are already done in a new way.”  

Innovation kann niemals Zufall sein (was sie von der Invention unterscheidet). Sie ist immer das Produkt der Bereitschaft, neu zu denken, anders zu handeln und Grenzen zu überwinden.  

Buchregal mit Glühlampen

Dynamische Unternehmer:innen sind das Schlüsselelement

Das mag im kollektiven Geist mancher Unternehmen als Potenzial angelegt sein – entscheidend ausgelöst wird es aber erst durch Unternehmerpersönlichkeiten, die sich in den Sturm stellen und stehen bleiben. Schumpeter beschwört ihre «dynamische Rolle» im Innovationsprozess. Sie treiben den Prozess voran und sind Initiatoren, die Innovationen durch die Fähigkeit, Räume für Neues zu erkennen (und zu schaffen) überhaupt ermöglichen. 

Das benötigt ein Mindset, das innovative Unternehmerpersönlichkeiten von nicht-innovativen unterscheidet. Was erstere auszeichnet, ist... 

  • ein verantwortungsvolles Mass an Risikobereitschaft
    Innovieren ist zwangsläufig Vordringen in unbekanntes Terrain. Zuvor «unbestellte» Felder müssen eigenständig entdeckt und erobert werden. Konsequenterweise muss darum die Bereitschaft, Fehler zu machen, Teil der Risikobereitschaft sein.
  • eine realitätsnahe Vorstellungskraft und geistige Flexibilität
    Was am Ende der Innovation sein soll, darf nicht als Traum gelten, sondern muss als erreichbares Ziel gesehen werden. Innovative Unternehmerpersönlichkeiten haben die Vorstellungskraft dafür. Dabei sind sie adaptionsfähig genug, um neue Situationen anzunehmen und Erkenntnisgewinne (auch in die Reflexion der VUCA-Welt) zu integrieren.
  • grosse Beharrlichkeit
    Innovative Unternehmerpersönlichkeiten können das Machbare auf bisher unbekannte Weise ausreizen, weil sie Ablehnung und widrige Umwelteinflüsse überwinden. Dazu schätzen sie das Verhalten der Wettbewerber ein, schliessen sinnvolle Kooperationen und begeistern künftige Nutzer und Anwender für ihre Inventionen.
  • die Fähigkeit für methodisches Handeln
    Kaum etwas ist so wichtig (und erfolgsvorbereitend), wie Innovationsprozesse in methodisch definierte Handlungsabfolgen einzuordnen. Innovative Unternehmerpersönlichkeiten erkennen das: Sie wenden Ansätze (Innovations-Methoden) an und geben so Fakten den Vorzug vor Vermutungen. Dadurch verwirklichen sie Ideen schneller. 
To do: start a business

Die Summe dieser Eigenschaften entfaltet eine Innovations- und Wirkkraft, die Märkte und Gesellschaften verändern kann. Nicht zuletzt ist es das, was unter anderem die viel diskutierte, disruptive Innovation ermöglicht.  

Über Joseph Schumpeter

1883 im heutigen Österreich geboren, galt Joseph Schumpeter als einer der grössten Ökonomen seiner Zeit. Er glaubte an den risikobereiten Unternehmer als treibende Kraft hinter dem Erfolg des Kapitalismus, dessen Niedergang er voraussagte. Im Gegensatz zu seinem Fast-Zeitgenossen Karl Marx, welche die Schwächen des Kapitalismus als fatal ansah, machte Schumpeter dafür aber den Erfolg des Systems verantwortlich.