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Hey Kunde, wer bist du eigentlich? Teil 3: Digitale Anwenderdaten in evidenzbasierte Spiegel-Personas verwandeln

Spiegel-Personas heben den goldenen Schatz, der sich in digitalen Anwenderdaten versteckt. Teil 3 unserer Serie zeigt, mit welchen digitalen Werkzeugen „gegraben“ werden muss – und was Automatisierung abnehmen kann.
Eine Person, die im Schnee den Hang herabfährt

Eigentlich verstecken sich hinter der Frage „Hey Kunde, wer bist Du?“ viele andere und genauer gestellte. „Was suchst Du?“, „Wie kaufst Du gerne ein?“, „Welcher Service ist Dir wichtig?“ oder „Brauchst Du noch Informationen?“ – darum geht es wirklich. Die gute Nachricht: Kunden (und Nutzer) geben die Antworten darauf noch bevor sie gefragt werden. Sie tun das durch Spuren, die sie in digitalen Anwendungen wie Webseiten oder Mitarbeiter-Plattformen hinterlassen.

Wer das nutzt, schlägt ein neues Kapitel der Persona-Erstellung auf – das der evidenzbasierten Spiegel-Personas. Diese Art der Personas sind "Benutzerbilder", welche die wahre Identität und Absicht von Benutzenden anhand digitaler Verhaltensdaten (Was) widerspiegeln und mit demografischen Daten (Wer) kombinieren.

Keine Zeit für den ganzen Artikel? Kein Problem, hier das Wichtigste.

Spiegel-Personas sind Benutzerbilder, welche die wahre (evidente) Identität und Absicht von Usern oder von Kunden widerspiegeln. Für die Persona-Erstellung werden Daten aus dem tatsächlichen Nutzerverhalten in digitalen Anwendungen mit demografischen Daten kombiniert. Alle Daten werden elektronisch erfasst, von KI untersucht und dann maschinengestützt geclustert. Das offenbart Datenmuster, die für Menschen sonst nicht erkennbar wären. Dem Vorteil der schnellen, effizienten Datenerhebung und automatisierten Auswertung steht ein hoher Bedarf an technologischem Know-how, Datenverarbeitung und Analytik gegenüber.

Wie Spiegel-Personas erstellt werden und worauf dabei zu achten ist, erklärt dieser Artikel.

Die Phasen der Erstellung von Spiegel-Personas

Weil Spiegel-Personas rein digital erstellt werden, hängen sie natürlich von der individuellen IT-Infrastruktur und dem Daten-Setup eines Unternehmens ab. Es lassen sich aber zwei Phasen festlegen, die für ihre Erstellung grundsätzlich relevant und darum immer zu absolvieren sind:

  • Phase 1 – Datenerhebung und Clusterbildung
  • Phase 2 – Analyse
Eine Grafik einer menschlichen Silhouette

Phase 1 – Datenerhebung und Clusterbildung

In dieser Phase geht es darum, das Anwenderverhalten unter realen Marktbedingungen zu beobachten, demografische Details zu ergänzen und sich abzeichnende unterschiedliche Muster in Clustern zu erfassen – diese werden dann als je eine eigene Persona definiert. Dafür folgen nacheinander folgende Schritte:

1. Definition von Standardparametern für die Datenerfassung Erfassbar wären beispielsweise auf der eigenen Website bestimmte Aktivitäten der Benutzenden: Cursorbewegungen, Klickraten, Verweildauer, Scrollraten und geografische Attribute. Stichworte sind hier Big Data oder Datenverwaltung at Scale.

2. Datenerfassung in einer festgelegten Zeitspanne Die Daten bilden zunächst einen Trainingsdatensatz, in dem KI automatisch (via unüberwachtem, maschinellem Lernen) Muster sucht und in Clustern aufschlüsselt.

3. Festlegung der optimalen Anzahl von Clustern bzw. Personas Die ermittelten Cluster bzw. Personas werden „ausgesiebt“ (z. B. durch die Ellenbogen-Methode oder statistische Kriterien wie das Akaike Information Criterion) und durch explorative Tests sowie gegebenenfalls eine Anpassung der unter Punkt 1. festgelegten Standardparameter neu definiert (Feature Engineering).

Eine Heat Map eines Bildschirmausschnitts, die einen eingeloggten Account zeigt
Evidenzbasierte Personas lassen sich leicht erstellen, z.B. mit Heat Maps.

Phase 2 – Analyse

Aufgabe dieser Phase ist, die unterschiedlichen Ziele der Personas zu identifizieren. Dafür werden ihre Interessen und Absichten analysiert, die sich aus den Daten ableiten lassen. Im Resultat kann zum Beispiel die Positionierung im Sales Funnel deutlich werden: Persona A zeigt sich bereits kaufbereit, Persona B ist dagegen noch unentschlossen und sucht nach zusätzlichen Produktinformationen.

Let’s have some fun: Die Spiegel-Persona in der Anwendung

Sind die Anwender auf die beschriebene Art in Spiegel-Personas „verdichtet“, kann der Spass der Anwendungsphase beginnen. Jetzt zeigen die Personas ihren Wert und erlauben, Erfahrung zu optimieren und Angebote zu individualisieren:

Kunden können zum Beispiel bedürfnisgenauer informiert werden. Zur rechten Zeit die (und nur noch die) benötigten Informationen zu erhalten, unterstützt sie auf dem Weg durch den Sales-Funnel und kann so die Conversion Rate steigern.

Schnittstellen von Mitarbeitenden-Tools können entsprechend der Bedürfnisse der Anwender auf diese angepasst werden, was die Effizienz der Tools und damit den Outcome ihrer Nutzung steigern.

Warum wir Spiegel-Personas lieben

Im Vergleich mit Personas, die auf traditionelle Weise erstellt werden, haben Spiegel-Personas einige Vorteile, die sie unwiderstehlich machen:

  • Spiegel-Personas sind evidenzbasiert und nach tatsächlichem Nutzer-Verhalten modelliert. Ihr maschinengestütztes Clustering offenbart Muster in Daten, die für Menschen (fast) nicht beobachtbar sind.
  • Menschliche Voreingenommenheit ist im Erstellungsprozess als Einflussfaktor ausgeschaltet. Die Cluster werden ausschliesslich auf Basis von Daten über Verhalten und Demografie erstellt.
  • Es werden Daten genutzt, die bereits vorhanden sind. Das Scannen des digitalen Verhaltens und Profils von Nutzern erspart teure Datensammlungen.
  • Sind die Prozesse der KI-Nutzung und des maschinellen Lernens installiert, ist der Erstellungsprozess schnell und effizient. Das Erstellen zusätzlicher Personas für andere Zwecke wird dann relativ einfach, weil lediglich die Eingabedaten angepasst werden müssen.
  • Verhaltensänderungen der Persona-Gruppen lassen sich im Laufe der Zeit verfolgen und mit Änderungen im Angebot oder bei Anwendungen vergleichen.

Was die Erstellung von Spiegel-Personas zur Herausforderung macht

Trotz ihrer Vorteile sind Spiegel-Personas nicht für jede Organisation der Schlüssel zur Design-Zukunft. Das liegt jedoch nicht an einer etwaigen mangelnden Flexibilität (sie sind zweifelsohne hochflexibel anwendbar). Stattdessen liegt die Crux in der Erstellung – sie ist herausfordernd. Für optimistische Leser anders formuliert: Wer die folgenden Hürden meistert, hat ein fast unschlagbar effizientes Persona-Tool zur Verfügung:

  • Spiegel-Personas erfordern ein Mass an technologischem Know-how, Datenverarbeitung und Analytik, das den des traditionellen quantitativen Ansatzes übersteigt.
  • Während der Start der Datenerhebung im traditionellen Prozess nur wenige Voraussetzungen erfordert, kann der Spiegel-Persona-Prozess zusätzlichen Aufwand bei der Entwicklung einer soliden Datenstruktur machen.

Die “Make no little plans” Perspektive

Im Kontext ambitionierter Innovationsvorhaben scheint der logische Schritt, auch die Spiegel-Persona-Erstellung in einem entsprechenden Umfang anzugehen. Das kann auf digitaler Ebene bedeuten, hohe datentechnische Infrastrukturinvestitionen zu fahren. Oder es führt dazu, im Überschwang vom Start weg besonders komplexe Persona-Erstellungen anzugehen.

Für Unternehmen, die sich dabei erstmals an Spiegel-Personas versuchen hiesse das, auf unbekanntem Terrain Vollgas zu gegeben. Eine (meist zu) riskante Strategie.

Unser Tipp: Nimm lieber langsamer Fahrt auf. Identifiziere dafür zunächst kleinere Anwendungsfälle in Form eines Minimum Viable Product (MVP) oder Proof of Concepts (POC). Das ermöglicht einen kontinuierlichen Erfahrungszuwachs, vor allem aber auch, den Mehrwert des Ansatzes zu demonstrieren. Anschliessend kann das jeweilige Spiegel-Persona-Konzept dann iterativ skaliert werden.

Wie das zum Motto „Make no little plans“ passt? Perfekt – schliesslich wächst mit dem Wissen auch die Kraft und Energie, grosse Pläne auch auf der Langstrecke wirklich substanziell zu unterstützen. Und darauf kommt es an.

Mehr davon? Hier geht es zu Teil 1 und 2